«Karriere in Deutschland»

Da es bereits in 1970 abzusehen war, dass die Existenz der Firma Fischer & Porter dem Ende zuging und ich gerne meinen Horizont erweitern möchte, bewarb ich mich bei der Firma KHD Humboldt Wedag AG zu Köln, weltweit bekannt als Hersteller von Industrieanlagen. Obwohl mir die deutsche Sprache in Wort und Schrift in der Schulzeit gelehrt wurde, war es noch nicht das gelbe vom Ei. Nach einem persönlichen Gespräch mit dem Abteilungsleiter der Abteilung Automation Dr. Breuer, wurde ich zum ersten Juli 1970 eingestellt. Man schickte mich direkt auf die Baustelle bei Hannover zum Zementwerk Teutonia wo gerade eine Produktionslinie dazu gebaut war. Im nahen gelegenen Ort habe ich bei einer Familie im Hause für meine Frau und meinen Sohn, der gerade erst fünf Monate alt war, ein Zimmer mieten können damit ich meine Familie dabei hatte. Auf dieser Baustelle sollte ich mich einarbeiten und mit der Röntgenfluoreszenzanlage im kontinuierlichen Rohmehlstrom zur Regelung der relativen Verhältnisse von den Elementen Si, Ca, Fe und Al im Rohmehl vertraut machen. Am ersten Juli 1970 zogen wir nach Orsberg bei Erpel/Rh. in eine Wohnung, wo wir einen wunderbaren Blick auf den Rhein hatten und für meine Frau war es nicht so weit nach Oberbieber bei Neuwied wo ihre Mutter wohnte, die nicht mehr so Gesund war nach ihrem Autounfall.

Bild oben, am Rhein mit Blick auf den Drachenfels bei Königswinter.

Bild oben, von Burg Gutenfels, mit Blick auf Pfalzgrafenstein auf der Insel im Rhein.

Das im Jahre 1967 erworbene Reihenhaus in der Abraham de Kuyperstraße 8 zu Zevenaar wurde verkauft und mit dem Geld Möbeln angeschafft. Da KHD in der Eifel bei Sötenich auch ein Zementwerk gebaut hatte musste ich mich hier um die Röntgenfluoreszenzanlage kümmern, konnte aber täglich, obwohl die Strecke 75 km bis nach Orsberg war, nach hause fahren. Diese Anlage wurde erst nach einem Jahr vom Kunden abgenommen da das Verhalten der Rohmaterialeigenschaften kompliziert war und die Regelung des Prozesses darauf eingestellt werden musste. Allmählich konnte ich mehr und mehr meine Arbeit im Büro zu Köln ausüben um neue Anlagen zu planen und somit täglich mit dem Eisenbahnzug zur Arbeit fahren. Im Jahre 1972 bekam ich die Gelegenheit auf Kosten der Firma bei VDI zu Düsseldorf an einer Ausbildung für Prozessrechner teil zu nehmen. In dieser Zeit bekam KHD viele Aufträge aus der ganzen Welt um Zementwerke und Aufbereitungsanlagen zu bauen. In 1974 konnte ich in München bei der Firma DEC auf Kosten der Firma an einem Lehrgang Hardware und software teilnehmen, auch in dieser Zeit habe ich Frau und Kind mitgenommen. Ich bekam die Aufträge zur Planung und Abwicklung der zu liefernden automatischen Labore für Algerien, damalige Spanische Sahara, Persien und Russland. Die Röntgenfluoreszenzanlagen für die Labore kauften wir bei General Electric in den USA zu Boston. Eine komplette Anlage setzte sich jeweils aus Probenahme, automatische Rohrpost, Probeaufbereitung und Computer gesteuerte Analysen-Anlage zusammen. Die Analysen-Anlagen analysierten in regelmäßigen Zeitabschnitten die chemische Zusammensetzung der Produkte. Die analysierten Daten wurden über eine serielle Schnittstelle an den Großrechner übertragen, der dann die Stellwerte für die entsprechenden Dosierbandwaagen vorgab und somit der Regelkreis geschlossen wurde. Mit den durch die Automation erhöhten Analysen-Frequenzen, die sonst nasschemisch analysiert einige Tage dauerte, wurde die Qualität und Quantität des Produktes maßgeblich erhöht. Die Probenahme und Aufbereitung der Materialien, die überwiegend aus Mehlen bestanden, stellten das größte Problem dar. Hier spielten die Feinheit, Feuchte und Temperatur eine Große Rolle. Die Rohmaterialien bestanden hauptsächlich aus Kalkstein, Ton, Sand, Gips, Eisenerz und Phosphat. Die Kenntnisse die ich für diese Aufträge haben musste waren vor Allem Elektrotechnik, Elektronik, Informatik, Chemie, Maschinenbau, Statistik, Logistik, MSR und Betriebswirtschaft sowie Englisch in Wort und Schrift. Für die kontinuierliche Messung der chemischen Zusammensetzung in den Mehlen wurde einen Mehrkanal-Röntgenfluoreszenz-Meßkopf eingesetzt, den wir aus den USA von GE bezogen, die hierzu gehörende Elektronik zur Auswertung der Messergebnisse wurde von mir und einem Kollegen entwickelt, was patentiert wurde und wofür wir eine Prämie bekamen. Zwischenzeitlich hatte ich noch die Aufgabe für die bereits laufenden Röntgenfluoreszenzanlagen Service Leistungen zu bringen, dadurch kam ich noch nach Schwerte und Sigmaringen wo diese Anlagen, in diesem Falle Computer ( PDP 8e ) gesteuerte Röntgenfluoreszenz Geräte, für spezial Metallherstellung eingesetzt waren. So auch im Sommer 1975 nach Rekingen bei Zurzach in der Schweiz, wo ein super modernes Zementwerk von Holderbank gebaut war und nach Mannersdorf in Österreich an der Neusiedler See. Bei allen Reisen hatte ich meine Frau und meinen Sohn dabei.

Ende des Jahres 1974 zogen wir von Orsberg nach Bruchhausen, ein Dorf mit damals 300 Einwohnern und drei Kilometer entfernt, in ein neues Haus in der Kirchbergstraße mitten im Ort über der Kirche. Uns hatte dieses Dorf sehr gefallen weil es auf einer weiträumigen Terrasse in einer Höhe von 200 Meter oberhalb des Rheintales mit einzigartigem Blick auf das Siebengebirge und die Hocheifel bot. Darüber hinaus bietet es zahlreiche Möglichkeiten zum Wandern und die Mitgliedschaft des MGV (Männer Gesang Verein) und des Bürgervereins. Daneben gibt es in Bruchhausen noch eine Reihe Baudenkmäler, wie z.B., die Burg des Grafen Spee, das älteste noch vorhandene Gebäude des Ortes aus spätgotischer Zeit, das ehemalige Pastorat, ein Fachwerkhaus aus der Barockzeit und einige historische Bildstöcke und Wegekreuze.

Meine Mutter und Jerry zwischen blühenden Kirschbäumen im Mai 1976 bei Bruchhausen.

Bruchhausen hat noch seine dörflichen, ländlich geprägten Charakter bewahrt und reizt zu allen Jahreszeiten zu Spaziergängen, sei es im Frühjahr zur Baumblüte der zahlreichen Streuobstwiesen, im Sommer in kühlen Schatten des Mischwaldes oder im Winter im Schnee z.B. zum höhergelegenen Punkt «Auge Gottes» oder zum Ski - Langlauf durch Wald und über Freiflächen. Den malerischen Ortskern bildet die historische Pfarr- und Wallfahrtkirche mit ihren aus mehreren Stilepochen übernommenen Bauteilen und eine Gruppe von Fachwerkhäusern aus dem 17. Und 18. Jahrhundert. Oben im Mischwald in etwa 300 Meter Höhe, wurden im zweiten Weltkrieg die V2 - Abschußrampen gebaut, die man heute noch erkennen kann.

Blick auf den Bruchhausener Dorfskern.

Luftbild von Bruchhausen und links oben im Bild der Rhein.

In den ersten christlichen Jahrhunderten werden die Römer aus dem gegenüberliegenden Kastell Remagen vielfach herübergekommen sein und haben nach Kupfererz gegraben, besonders am Marienberg und weiter hinauf, wie dies noch alte Tagebaustätten bis Ende des 19. Jahrhunderts beweisen, weiterhin beweisen es auch die vielen, in den alten Halden früher gefundenen römischen Münzen. Bei dem armen und eintönigen Leben der Bruchhausener Bewohner in der Waldeinsamkeit, ferner bei der Abgeschlossenheit des Ortes von der Verkehrsstraße des Rheines hat Bruchhausen lange Jahrhunderte ein verborgenes Leben geführt, es knüpfen sich keine größeren Ereignisse für diese Zeit an seinen Namen. Jedoch scheint der Ort schon um 1000 - 1100 ziemlich viele und auch begüterte Einwohner gehabt zu haben, aus dieser Zeit stammt auch wohl die Marianische Kapelle ( gemeint ist das Mittelschiff ohne Chor der jetzigen Kirche ). Die Kapelle wird zugleich auch als Schloßkapelle für die zur Seite der Kirche auf dem Hügel erbauten Burg der Ritter von Spee gedient haben. Die Burg, siehe inmitten des Bildes oben vor der Kirche, hatte gemäß den noch vorhandenen Fundamenten zwei Flügel, die nach der Kirche gerichtet waren, die Wirtschaftsgebäuden (seit 1739 grässlich) und Scheunen stehen noch. In Nordwestlicher Richtung vom Dorfzentrum gerechnet, siehe Bild oben, blickt man auf das Sieben - Gebirge und schaut, ganz links der Bergkette auf den Rhein und Drachenfels bei Königswinter, der Berg wo viele Niederländer alljährlich mit der Zahnradbahn immer hochfahren.

Blick auf die Bruchhausener Kirche.

Die Kirche zu Bruchhausen, Bild links, mit Namen St. Johann Baptist ist zugleich Marien Wallfahrtskirche, hatte seinen Ursprung bereits vor tausend Jahren und gehört zum Erzbistum Köln. Der Altar, ist erst in den späteren Jahren, um 1450, als das Chor an das Mittelschiff gebaut wurde, errichtet worden. Rechts im Bild, das alte Winzerhaus.

Ein großes Ereignis, welches mir und meiner Frau sehr viel Freude gemacht hatte, war der Tag in August 1983, wo ich an einem Schießwettbewerb, veranstaltet vom Burgerverein, woran ich als Mitglied teilnehmen konnte und zwei Wochen vor dem bewußten Tag statt fand, den Bürgerkönig erlangt habe. Der Schießwettbewerb wurde in Zusammenhang mit einem Beisammensein in der Grillhütte am Waldrand veranstaltet. Ab dem Tag, daß ich durch das beste Schießergebnis als König auserkoren war, fingen die Vorbereitungen für das Fest, "Bürgerkirmes", an.

Aufstellung vor dem Haus zum Abmarsch bereit.

Tambour Corps in voller Montur als Zugführer.

Wir hatten zur Vorbereitung nur zwei Wochen Zeit, die Tradition besagt, daß für den Tag des Königs zwei Adjutanten mit Gatten gewählt werden mußten, die dann auch die Vorbereitungen der Veranstaltung mitgestalten. Der Tag der Veranstaltung fing damit an, daß die Blaskapelle, der Tambour Corps, die Fahnenschwenker, die Amtsinhaber des Bürgervereins und viele Bürger mit Musik zu unserm Haus marschierten, sich vor unserm Haus aufstellten und an der Tür klingelten um mich, meine Frau und unsere Adjutanten mit Gatten aufzufordern vor die Tür zu treten um zum Festsaal zu begleiten.

König mit Königin und Adjutanten. Ein Fahnenschwenker vorab.

König und Königin mit Gefolge. Am Hals des Königs, die Königskette.

Unsere Adjutanten waren Hubert Krupp und Max Adenauer mit Gatten. Bevor wir alle zum Festsaal aufbrachen, wurde jeweils von der Blaskapelle, vom Tambour Corps und von den Fahnenschwenkern ein Ständchen gegeben, mittlerweile haben unsere Adjutanten mit Gatten, Bier, Wein und andere Getränke den Gästen serviert. Unterdessen war es zwölf Uhr geworden und Zeit für die ganze Gesellschaft zum Festsaal zu marschieren. Der Marsch ging durch das ganze Dorf wo der Straßenrand mit Fähnchen und Laubzweigen verziert war. Der Festsaal des Bürgerhauses war bereits voller Menschen und bestens vorbereitet so dass man nach dem Marsch, der vor dem Bürgerhaus (Brunnen) endete, mit Musik eintreten und Hof halten konnte. Während des ganzen weiteren Tages wurden Ansprachen gehalten, musiziert, vom Männerchor gesungen und Fahnen geschwenkt. Der Verbandsgemeinde Bürgermeister ( Herr Hafner ) aus Unkel war auch gekommen und hatte seine Ansprache gehalten, selbst der Pastor war da. Die Presse verschiedener Lokalzeitungen blitzten mit ihren Kameras. Wir hatten für unsere Adjutanten ein Festessen auf den Tisch aufgetragen.

Bild oben zeigt eine Grillparty im Wald bei Bruchhausen im Sommer 1982, meine Frau hatte alles organisiert auch die Feier in der Weinstube "im Lämmlein" zu Unkel wovon ich später auf der Baustelle in Saudi Arabien von jemandem der es von einem der damals auf der Feier war gehoert hatte, mir erzählte, deine Frau kann gute Feier organisieren. Damals bräuchte keiner der auf der Feier eingeladen war, sich an den Kosten beteiligen, heute Ende der 1990 Jahre muss jeder für die Party einen Beitrag leisten, denn der Verdienst wurde immer geringer.

Bild oben, Hochwasser am Rhein in der Weihnachtszeit 1995. Die Aufnahme ist von der Erpeler Ley mit Blick auf Remagen fotografiert worden. In dieser Zeit war ich im Urlaub und musste am 5 Jan. 1996 wieder zurück auf die Baustelle Hofuf in Saudi Arabien.

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